NICHOLAS SPARKS Liebe ist das wichtigste Gefühl. Ohnen Liebe sind wir gar nichts. Nicholas Sparks

»Der Mann, der Frauen von ewiger Liebe träumen lässt«

Romantik, Tragik und ganz viel wahre Liebe – daraus macht Nicholas Sparks seine Bestseller. Kaltes Kalkül? Nein! Der Erfolgsautor glaubt an das, was er schreibt. Manuela Imre stellte dies fest, als sie Sparks zuhause besuchte.

Der Rasen eine Spur zu grün, die Rabatten zu geharkt, die Bedienung zu aufmerksam. Nicholas Sparks aber kommt zu spät. „Sorry, ich saß an einer verzwickten Stelle in meinem neuen Buch fest. Und muss das erste Manuskript übermorgen abliefern.” Die Verspätung ist ihm furchtbar peinlich, das nimmt man ihm sofort ab. Er wirkt ganz anders, als man sich jemanden vorstellt, der so gefühlvolle Geschichten schreibt.
Mitte vierzig ist Sparks inzwischen, muskelbepackt wie ein Spitzenathlet. Er trägt ein gelbes T-Shirt, alte, bequeme Jeans, Turnschuhe. Und strahlt eine ungeheuerliche Kraft aus. Halbe Sachen? Das liegt ihm nicht. Und so schnellt er mit großen Armbewegungen und gewinnendem Lächeln aus graublauen Augen auf die gebeizte Eichenbank im Club-Restaurant.

Herr Sparks, Ihre Bücher strahlen so viel Glück und Liebe aus. Sind Sie selbst immer glücklich? Oder müssen Sie wie so viele Autoren unglücklich sein, um gut schreiben zu können?

Ich glaube, ein guter Autor muss Glück und Unglück gleichermaßen durchleben. Derzeit bin ich sehr glücklich. Aber ich war auch schon oft in meinem Leben am Boden zerstört, vor allem als meine Eltern und meine Schwester starben. Es war furchtbar, und ich brauchte viel Zeit zum Trauern. Man lotet in dieser Phase die tiefsten Winkel seiner Seele aus, fühlt grausamsten Schmerz und versucht trotzdem, irgendwie weiterzumachen – Rechnungen müssen schließlich bezahlt werden.

Haben Sie das Gefühl in Phasen der Trauer reifer geworden zu sein?

Absolut. Ich bin mir sicher, dass ich mich seither viel besser in die Gefühlswelt meiner Figuren hineinversetzen kann und beherrsche schriftstellerisch die ganze Gefühlsklaviatur – von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Dadurch schreibe ich viel lebensechter – und damit erfolgreicher.

Ihr eigenes Leben klingt, als hätten Sie es für einen Ihrer Bestseller erfunden. Als Ihre Mutter starb, waren Sie 24. Zwei Ihrer Bücher hatten Verlage da bereits abgelehnt. Glaubten Sie immer an Ihr Talent – auch zu diesem Zeitpunkt?

Ich habe immer an mein Können geglaubt. Die zwei ersten Bücher sind allerdings zu Recht abgelehnt worden, muss ich heute eingestehen. Ich war einfach noch nicht so weit, mir fehlten Lebenserfahrung und ein Konzept. Das erste Buch schrieb ich mit 19, das zweite mit 23. Ich wollte damit vor allem testen, ob ich einen Roman überhaupt zu Ende bringe – und nicht, ob ich etwas Großartiges liefern kann. Heraus kam jeweils ein Sammelsurium von Plattitüden.

Das klingt jetzt so lapidar, war aber doch viel dramatischer. Sie hatten kein Geld, keinen richtigen Beruf, arbeiteten damals als Kellner, Immobilienmakler, Telefonverkäufer und Arzneimittelvertreter …

Ach, ich habe tausend Dinge gemacht, um Geld zu verdienen, bin zigmal umgezogen, immer dem Job hinterher. Mit 23 habe ich Catherine geheiratet, zwei Jahre später kam unser erster Sohn Miles Andrew zur Welt. Der Schriftstellertraum war da erstmal ausgeträumt. Keiner wollte meine Sachen lesen, geschweige denn dafür bezahlen.

So ging das jahrelang, trotzdem nahmen Sie mit 28 einen neuen Anlauf.

Ich spürte, dass die Zeit reif dafür ist. Und weil mich meine Frau in der Zwischenzeit immer darin bestärkt hatte, es noch einmal zu versuchen. Mein erster Erfolg mit „Wie ein einziger Tag“ ist auch Catherines Erfolg.

Zumal die Großeltern Ihrer Frau als Romanvorlage für „Wie ein einziger Tag“ dienten …

… stimmt, und daraus habe ich meine Lehren gezogen: Seitdem lasse ich mich vor allem von Leuten aus meinem unmittelbaren Umfeld, aus der Familie, dem Freundes- und Bekanntenkreis inspirieren. Ich denke, mit echten Personen und echten Gefühlen können sich die Leser viel besser identifizieren als mit komplett der Fantasie entsprungenen Menschen.

Sie „schlachten“ die Erlebnisse Ihrer Freunde und Ihrer Familie aus? Können Sie anderen noch frei zuhören, ohne den Notizblock zu zücken?

Manchmal fällt mir das tatsächlich schwer. Aber geht das nicht jedem Schriftsteller so? Genau hinsehen und hinhören gehört doch zu unserem Beruf. Von irgendwo muss die Inspiration ja kommen. Aber ich würde nie etwas verwenden, das jemandem unangenehm wäre. Niemals quetsche ich Freunde aus oder versuche mit bohrenden Fragen etwas freizulegen. In den meisten Fällen dient mir eine wahre Geschichte sowieso nur als Anstoß, im Buch sind die echten Charaktere verfremdet.

In Ihren Büchern müssen die Figuren immer harte Schicksalsschläge erleiden. Glauben Sie im Leben an schicksalhafte Wendungen?

Auf alle Fälle. Ich bin zum Beispiel davon überzeugt, dass ich meine Frau 1988 durch eine Kette schicksalhafter Ereignisse kennenlernte. Das fing damit an, dass ich eigentlich zum Feiern nach New York fliegen wollte. Aber der Flug wurde abgesagt, und ich entschied mich kurzfristig für Florida. Dann landete ich mit einem Studienkollegen in Fort Lauderdale. Wir hatten gerade unseren Abschluss an der Uni gemacht, wollten ein bisschen am Strand relaxen und hatten gar nicht an den „Spring Break“ gedacht – das ist in Amerika die wildeste Partyzeit, wo Studenten aus dem ganzen Land tagelang nur trinken, Musik hören und außer Rand und Band geraten. Doch das ist nichts für mich. Wir also sofort raus aus dem dichtesten Trubel und rein in ein ruhigeres Hotel. Und im Foyer lief ich Catherine quasi in die Arme.

… und jetzt sagen Sie bestimmt, dass Sie Catherine sahen und sofort wussten: „Die ist es!“

Genau. Ich sah sie und wusste: Diese Frau werde ich heiraten. Einen Tag später habe ich ihr das gesagt.

Und was erwiderte sie?

Sie hat mich ausgelacht. Aber ich hatte recht. Wir trafen uns im März in Florida, sie zog im August zu mir nach Kalifornien. Im Oktober machte ich ihr den Antrag, im Sommer darauf heirateten wir. Das ist 20 Jahre her.

Heißt das, dass Sie in der Ehe auch der große Romantiker sind, den Ihre Bücher vermuten lassen?

(lacht) Natürlich. Denken Sie etwa, ich könnte über die große Liebe schreiben, wenn ich sie nicht selbst erlebt hätte? So fantastisch ist meine Vorstellungskraft nun doch nicht. Aber im Ernst: Das Gefühl von damals hat nie nachgelassen. Deshalb hat Romantik für mich auch nichts mit Anstrengung zu tun. Ich sehe meine Frau einfach gerne glücklich.

Und dafür tun Sie natürlich alles …

Übertreiben darf man es nicht. Es muss sich noch nach etwas Besonderem anfühlen. Dem Blumenhändler einen Dauerauftrag geben, funktioniert nicht. Ich schenke ihr auch nicht regelmäßig Diamanten oder ein neues Auto. Spontane Kleinigkeiten sind viel wichtiger, etwa ein Kurzurlaub nach Hawaii ohne die Kinder. Oder ich massiere meine Frau nach einem anstrengenden Tag. Oder ich packe spontan Wein und Sandwiches ein für ein Picknick am Wochenende.

Das reicht für ewiges Eheglück?

Nicht zu vergessen unser Ritual: Meine Frau und ich verabreden uns mehrmals die Woche zum Mittagessen in einem schönen Restaurant. Vor allem wenn man fünf Kinder hat, sind gemeinsame Mittage die beste Zeit, um zu zweit zu sein. Man ist noch frisch, hat erst wenige Stunden Arbeit hinter sich.

Die wahre Liebe, tiefe Romantik – insgeheim sehnt sich jeder danach. Sie haben offensichtlich ein Rezept dafür gefunden. Verraten Sie es uns?

Gern. Jeder sollte sich davon verabschieden, dass es den perfekten Partner gibt. So etwas existiert einfach nicht. Aber manchmal muss man erst durch mehrere Beziehungen gehen, um festzustellen, wer zu einem passt. Oft wählen wir jemanden, von dem wir wollen, dass er passt. Doch wollen allein reicht leider nicht. Der Partner muss Eigenschaften haben, die einem selbst wichtig sind. Bei meiner Frau habe ich nach wenigen Minuten gewusst, wie sie tickt, welche Werte ihr im Leben wichtig sind, dass sie auf meiner Wellenlänge ist. Die letzten 20 Jahre haben mich bestätigt, sicher ein seltener Glücksfall.

Interview aus „Frau im Leben“ 8/2009. Mit freundlicher Genehmigung.


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